Die Geschichte der Freiwilligen Feuerwehr Kisselbach

Ein preußischer Regierungserlass von 1818 verpflichtete alle Männer zwischen 16 und 60 Jahren zur Löschhilfe im Brandfalle. Eigens ernannte Feuerkommissionen kontrollierten die Ernsthaftigkeit, mit der Insbesondere ging es dabei um Mannschaftsübungen und Spritzenproben jeweils im März und Oktober eines jeden Jahres, um die Reinhaltung des Brandweihers und die Unterhaltung der Gerätschaften. Verantwortlich für ein effektives Löschwesen waren Ortsvorsteher und Spritzenmeister. Zur Ausrüstung gehörten Leitern, Schläuche, Feuerhaken, Spritzen und der obligatorische Eimer. Aller Orts üblich und Brauch: Jungvermählte und neu in die Gemeinde Einziehende stifteten einen Ledereimer, dessen Einsatz in einer Löschkette zumal bei kleineren Bränden durchaus Sinn machte.

 

Das Dritte Reich verlieh dem Feuerwehrwesen einen besonderen Stellenwert, galt es doch, im Hinblick auf die im Kriegsfall möglichen Luftangriffe, einen funktionierenden Löschdienst bereitzuhalten. So appellierten die Brandschauer des Kreises Simmern im Oktober 1938 an das Pflichtgefühl aller Volksgenossen hinsichtlich schlechter Schornsteine, achtlos weggeschütteter Asche oder Streichhölzer in Kinderhand. Der Presseartikel schloss mit dem Appell: Bewahre Feuer und Licht, dann wirst Du nie Schaden nehmen.

 

Zwei Monate später erließ die Reichsregierung ein Gesetz zur Neuordnung des Feuerlöschwesens. Entsprechend dem NS-Führerprinzip wurden die örtlichen, in der Regel jetzt freiwilligen, Feuerwehren zu so genannten „Hilfspolizeitruppen". Fast 2 Millionen Feuerwehrmänner waren fortan dem „Reichsführer SS" als Chef der deutschen Polizei unterstellt. Für die Beschaffung und Erhaltung der Gerätschaften sowie die Uniformierung der Männer hatten die Gemeinden zu sorgen.

 

Schon 1935 maßen die einzelnen Wehren ihr Können miteinander. Alle Löschzüge aus den Bürgermeistereien Simmern und Ohlweiler waren am 17. November, einem Sonntag, auf dem Simmerner Schlossplatz zusammengezogen. Nach einer Ansprache von Amtsbürgermeister Meckel über die Bedeutung der Feuerwehren zeigten einige Halbzüge ihr Können im Fußexerzieren außerdem wurde eine so genannte Einsteckleiter und deren praktische Verwendung gezeigt. Am Montag, 13. Januar 1936 trafen sich die Halblöschzüge von Kisselbach, Riegenroth und Steinbach zu einem Schulungsabend in Kisselbach. Ab Februar 1938 sollten wöchentlich zwei Schulungsabende stattfinden. In diesem Monat erhielt die annähernd 30 Köpfe starke Kisselbacher Wehr ihre erste Uniform, bestehend aus Mütze, Drillichjacke, Koppel und Schulterriemen. „Das Tragen der Uniform soll vor allem ein Ansporn sein zu neuem Eifer für die gute Sache

Verdunkelungsübungen gehörten in jener Zeit zum Alltag der Bevölkerung. Die Kisselbacher Wehr erhielt ein dickes Lob für den tatkräftigen Einsatz anlässlich einer solchen Übung am 8. Dezember 1938 in Rheinböllen. Am „Tag der Deutschen Polizei" (29. 1. 1939) wartete die „Feuerlöschpolizei" mit einer besonderen Veranstaltung auf, in der heimischen Presse hinreichend gewürdigt:

... um 12 Uhr versammelten sich sämtliche Feuerwehrmänner am Gerätehaus, wo unter Mitwirkung der Kisselbacher Musikkapelle die Flaggenhissung vorgenommen wurde. Anschließend erfolgte ein Propagandamarsch durch unseren Ort, dem sich die Sammlung anschloss, die ein gutes Ergebnis zeitigte. Nach Einholung der Flagge um 17 Uhr fand abends im festlich geschmückten Saale Müller ein Kameradschaftsabend statt, an dem die Bevölkerung sehr zahlreich teilnahm ...

Die „Freiwillige Feuerwehr" entstand in Kisselbach wahrscheinlich 1934, vierzehn Männer standen für den aktiven Dienst bereit und 24 als Ersatzleute. Die durchschnittliche Mannschaftsstärke in den 30er- und 40er Jahren lag bei zwanzig. Etwa 1940 wurden die Brand- oder Löschmeister Karl Jahn und Peter Imig Haupttruppmänner; zehn weitere Floriansjünger Truppmänner. 1942 kam es zur Verpflichtung von immerhin vierzehn Aktiven.

Mit Etablierung der neuen „Freiwilligen Feuerwehren" trat Karl Jahn an die Spitze der Kisselbacher Wehr, ernannt im September 1935, tituliert mit Brandmeister und Truppführer. Als 1938 mit der Neuordnung des Feuerlöschwesens die Wehrleiter von der Polizeiverwaltung neu zu ernennen waren, erhielt Jahn wiederum das Vertrauen. Der 1885 geborene Schuhmachermeister musste sich den Erfordernissen der Zeit entsprechend weiterbilden und besuchte 1938 und 1939 mehrmals Lehrgänge in Koblenz, die sich thematisch mit Brandbomben und chemischen Stoffen sowie dem richtigen Verhalten im Brandfalle beschäftigten. Noch in der Nachkriegszeit hatte er das Sagen bei den Kisselbacher „Feuerlöschern" und erst in den 50er Jahren löste ihn Peter Henrich ab. Der führte die Wehr bis mindestens 1965, machte dann für Helmut Müller bis 1982 Platz gefolgt von Gerd Silbernagel. Seit 2002 steht Franz-Josef Liesenfeld an der Spitze.

 

Der Zustand der Gerätschaften ließ bis zum Zweiten Weltkrieg allenthalben zu wünschen übrig - kein spezifisches Kisselbacher Problem. Im Rahmen der Vereinbarung über die gemeinsame Wasserleitung beider Orte übertrug „Diesseits" den Anteil an sämtlichen Löschwerkzeugen und Geräten an „Jenseits" und erhielt dafür eine einmalige Abstandszahlung von 50 RM. Alles Material war, so die Bedingung, nur für Gemeindeangelegenheiten zu benutzen.

Aus den Prüfungsberichten der Feuerwehr 1934 bis 1940 an die Simmerner Bürgermeisterei (in Kopien bei den Unterlagen der Kisselbacher Wehr zu finden) geht hervor, wie desolat die Ausrüstung in jenen Jahren ausschaute:

1934: Da die Ausrüstungsstücke kaum benutzt werden, fehlen dieselben zum größten Teil; vorhanden sind 3 Gurte, 2 Leinen, 1 Karabinerhaken, 5 Helme.

1935: Am Fahrzeug fehlen Bremsvorrichtung, Rückstrahler sowie Rücklehne bei der Sitzvorrichtung.

1937: Keine Ausrüstungsgegenstände vorhanden. Zum gleichen Ergebnis kam die Revision 1940.

Nach dem Krieg vegetierte die Kisselbacher Feuerwehr regelrecht dahin, schlief sogar zeitweise ganz ein. Auf Anregung von Ortsvorsteher Jakob Silbernagel belebte sich die Geschichte 1970 wieder. Mit Karl-Heinz Burger, Gerhard Wald und dem zum Wehrführer gekürten Helmut Müller konnten zum Wiederaufbau drei hauptberufliche Feuerwehrmänner gewonnen werden, um die herum sich ein neuer Löschzug bildete. Er umfasst heute im Durchschnitt der letzten Jahre rund achtzehn Aktive. Allerdings drücken den Wehrführer Nachwuchssorgen.

Irgendwann danach erhielten die Kisselbacher eine Handdruckspritze. 1949 sollte eine neue Motorspitze Einzug halten, doch durch die Währungsreform stand es um die Gemeindefinanzen wenig rosig. Der Amtsbürgermeister machte sich für einen Zuschuss aus der „Feuerschutzsteuer" stark. 1957 freute sich die dörfliche Brandwache über eine neue Pumpe „VW TS/8". 1979 erhielt die Feuerwehr ihr erstes Auto, einen in Eigenleistung umgebauten Ford-Transit. Bis dahin wurde ein Anhänger mit den Gerätschaften per Traktor zum Brandherd gekarrt. 1989 bauten die Männer um Gerd Silbernagel ihr zweites Auto in Eigenleistung um, einen „VW-Bus LT 31." Während der Feierlichkeiten zum 75-jährigen Bestehen der Feuerwehr wird das 3. Auto der Kisselbach Wehr ein modernes Löschfahrzeug „MLF" mit 1.000 Liter Wasser an Bord eingeführt.

 

 

Quelle: Ortschronik Kisselbach

Text: Dieter Diether

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